Promptest du noch oder Entwickelst du schon?

Was ist möglich – und was ist Hype – im aktuellen AI-Agent-Wahn?
Es ist 2025, und wir leben im Zeitalter der Agenten. Wer heute keine „autonomen KI-Systeme“ im Pitchdeck stehen hat, gilt als gestrig. Überall wuchern Versprechen: selbstorganisierende Bots, „selbstdenkende“ Workflows, pseudo-intelligente Sidekicks für alles – vom E-Mail-Schreiben bis zur Firmenstrategie. Die neue Folienfolie: Agents.
Doch während das Wort „Agent“ durch die Timelines geistert wie einst „Blockchain“, stellt sich eine nüchterne Frage:
Was davon ist tatsächlicher Fortschritt – und was nur alter Promptwein in neuen Tech-Schläuchen?
Prompten war nie das Ziel – sondern ein Übergang
Prompt Engineering war der erste Versuch, KI steuerbar zu machen. Eine Sprache für Maschinen, damit sie sich nützlich verhalten. Aber seien wir ehrlich: Menschen sind keine Prompt-Maschinen. Die meisten wollen nicht endlos Formulierungen testen, sondern Ergebnisse.
Die Illusion, dass man mit dem „richtigen Prompt“ magische Durchbrüche schafft, hat viele geblendet. In Wahrheit steckt dahinter oft nur das geschickte Aneinanderreihen einfacher Befehle – halb Automatisierung, halb Raten. Prompten ist nicht falsch, aber es ist ein Werkzeug. Kein Ziel.
Jetzt rufen alle nach Agents. Aber was sind diese „Agenten“ eigentlich?
Agent ≠ intelligent
Ein Agent ist nur ein System mit Ziel, Zustand und Handlungsspielraum
Technisch gesehen ist ein Agent ein System, das:
eine Umgebung wahrnimmt,
ein Ziel verfolgt,
Entscheidungen trifft,
Handlungen ausführt.
Das klingt schlau, ist aber banale Systemtheorie. Ein Staubsaugerroboter ist ein Agent. Ein Mensch auch. Und ja, auch ein KI-System kann so strukturiert werden. Aber: Nur weil eine Sprach-KI in Loops denkt und sich selbst Aufgaben gibt, wird sie noch lange nicht klug.
Der Hype beginnt dort, wo Marketing „autonom“ sagt und meint: „Wir haben einen Task-Runner mit Gedächtnis gebaut, der sich Notizen macht.“ Das ist kein Science-Fiction. Das ist Workflow-Management mit besserer Benutzeroberfläche.
Was KI-Agents heute wirklich können
Realität: Task-Ketten, einfache Subziele, viele Bugs
Wenn wir über GPT-basierte Agenten reden, reden wir meist über diese Fähigkeiten:
Fähigkeit | Realität 2025 |
---|---|
Multi-Step-Aufgaben | Möglich, aber fehleranfällig |
Tool-Nutzung | In einfachen APIs, mit guter Vorkonfiguration |
Zielorientiertes Verhalten | Nur bei klar definierter Logik |
Langzeitplanung | Eher Wunschtraum als Standard |
Selbstkorrektur | Ja, aber oft ineffizient |
Agenten können hilfreich sein – wenn man die Grenzen kennt. Sie sind gut darin, repetitive Aufgaben in kleinen Variationen auszuführen. Sie können Systeme bedienen, Daten abrufen, strukturieren, einfache Entscheidungen treffen.
Aber sie scheitern bei mehrdeutigen Anweisungen, komplexer Logik oder ethischen Dilemmata. Warum? Weil Sprachmodelle nicht denken. Sie prognostizieren Sprache. Mehr nicht. Und das bleibt wahr – auch wenn man ihnen ein „Memory“ und einen „Task-Manager“ andockt.
Wo der Hype gefährlich wird
Wenn „autonom“ bedeutet: niemand ist mehr verantwortlich
Sobald Menschen Agenten Entscheidungen überlassen, ohne deren Systemgrenzen zu verstehen, wird es problematisch. Besonders in Kontexten mit sozialen, medizinischen oder politischen Auswirkungen.
Ein KI-Agent, der automatisch Bewerbungen filtert oder Unterstützungsbedarf „analysiert“, reproduziert systematisch Verzerrungen – aber effizienter. Automatisierter Bias skaliert schneller als Bewusstsein. Und das ist keine technische Frage, sondern eine politische.
Die größte Gefahr ist nicht, dass die Systeme zu intelligent werden.
Die größte Gefahr ist, dass wir ihnen zu viel zutrauen – und zu wenig hinterfragen.
Was wir stattdessen brauchen
Weniger Automatisierung um ihrer selbst willen, mehr Verantwortung im Design
Wer heute KI entwickelt, trägt Verantwortung – nicht nur fürs Ergebnis, sondern für den Prozess. Das bedeutet:
Aufklärung statt Marketing-Phrasen. Sag, was der Agent kann – und was nicht.
Transparenz statt Magie. Zeig die Grenzen und Quellen der KI.
Sinnvolle Ziele statt Task-Kaskaden. Frage: Löst das System ein echtes Problem – oder automatisiert es nur schlechte Prozesse schneller?
Die besten Agenten 2025 sind keine allwissenden Super-Tools.
Es sind spezialisierte Helfer, die klare Aufgaben lösen – im Zusammenspiel mit Menschen, nicht statt ihnen.
Und jetzt?
Wir stehen an einem Punkt, an dem KI-Alltag beginnt. Wer jetzt Agenten baut, muss sich entscheiden: Entwickelst du Systeme, die Menschen dienen – oder nur solche, die beeindrucken?
Der Unterschied ist nicht trivial. Ein wirklich nützlicher KI-Agent entsteht nicht durch mehr „Autonomie“. Sondern durch klare Zieldefinition, gutes UX-Design und menschliche Kontrolle. Der Weg dahin ist anspruchsvoll, aber realistisch.
Vielleicht ist das der wahre Fortschritt:
Weniger Hype-Wahn, mehr Systemdenken. Weniger Agenten-Show, mehr funktionierende Werkzeuge.
Fazit:
Prompten ist wie Kommandozeile – nötig, aber kein Endzustand. KI-Agenten sind ein orchestrierter Werkzeugkasten, keine Allmacht. Und wer in dieser Landschaft bestehen will, sollte sich weniger von Buzzwords leiten lassen – und mehr vom echten Bedarf.
Denn nur dort entsteht echte Innovation: wo Technologie Menschen stärkt, statt sie zu ersetzen.
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